Bautagebuch – kein bloßer Zeitvertreib, sondern Pflicht!

Ein Bauarbeiter füllt ein Formular aus, was auf einem Tisch liegt, auf dem verschiedene Pläne ausgebreitet sind.Foto: © burst, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pexels.com

Wer gerade plant, ein Eigenheim zu bauen, träumt sicher auch davon, eine Dokumentation für später davon anzufertigen. Online findet man so etwas häufig in Form von Blogs oder ähnlichem, liebevoll als “Bautagebuch” bezeichnet. Doch tatsächlich verbirgt sich hinter diesem Begriff keine private Spielerei, sondern eine echte Pflicht. Wir erklären, wer ein solches führen muss, wie und warum!

Was ist ein Bautagebuch?

Im Prinzip versteht man unter einem Bautagebuch tatsächlich eine Dokumentation des Entstehungsprozesses eines Bauwerkes. In der Regel ist es jedoch nicht der private Bauherr, der dieses führt, sondern der Bauleiter oder Architekt. Es gibt aber auch andere Varianten. So oder so ist es stets mit größter Sorgfalt anzufertigen, denn dieses Dokument hat das Potential später einmal vor Gericht als Beweismittel zu gelten.

Das offizielle Bautagebuch

Hat sich ein Architekt vertraglich zur Überwachung des Vorhabens verpflichtet, so muss er im Zuge dessen ein Bautagebuch führen. Auch ein Bauleiter kann diese Aufgabe übernehmen. In beiden Fällen greifen die HOAI-Grundleistungen der Leistungsphase 8 (Bauüberwachung). Auch bei öffentlichen Bauaufträgen ist eine solche spezielle Dokumentation Pflicht, insbesondere wenn mehrere Gewerke koordiniert werden müssen oder eine technisch komplexe Aufgabe auszuführen ist.

Das Bautagebuch muss dabei explizite Informationen beinhalten, die detailliert den Stand und Fortschritt des Vorhabens dokumentieren. Es sollte möglichst tagtäglich, aber mindestens bei jedem Baustellenbesuch geführt werden. Zudem müssen alle Beteiligten (Bauleiter, Bauherr, Handwerker usw.) es gegenzeichnen.

Am Ende des Bauprozesses wird diese Dokumentation ein wichtiger Bestandteil der Bauakte sein. Anhand ihr kann auch im Nachgang noch präzise nachvollzogen werden, was, wann passiert ist und welche Auswirkungen das auf den gesamten Bau hatte. So kann beispielsweise ein bestimmter Wetterumstand zu einer Verzögerung geführt haben oder es gab noch nachträgliche Änderungswünsche, welche ebenfalls zu einer Verlängerung geführt haben.

Führt auch der Bauherr ein Bautagebuch?

Wie bereits eingangs erklärt, obliegt die Pflege des offiziellen Bautagebuchs immer den Profis. Allerdings kann es durchaus sinnvoll sein, auch als Bauherr etwas vergleichbares anzulegen. Durch die eigenen Notizen können bestimmte Sachverhalte später besser nachvollzogen werden, wobei sie nicht als Beweis vor Gericht bestehen.

Dennoch kann die zusätzliche, auch bildliche Dokumentation insbesondere bei Schäden und Mängeln nützlich sein. Auch Elektroinstallationen oder Flächenheizungen, die später nicht mehr sichtbar sein werden, sollten fotografiert werden. Das erleichtert unter Umständen spätere Reparaturen enorm.

Im Übrigen haben Bauherrn ein Recht darauf, das offizielle Bautagebuch einzusehen bzw. in Kopie zu erhalten. Diese sollten akribisch abgeheftet und aufbewahrt werden. Das Original hingegen muss nicht ausgehändigt werden, es ist lediglich auf Verlangen bei der Bauaufsicht vorzuzeigen.

Bautagebuch oder Bautagesbericht?

Ähnlich, aber nicht ganz so ausführlich wie das Bautagebuch sind die sogenannten Bautagesberichte. Diese werden meist von den einzelnen Gewerke individuell angefertigt. Hier werden Informationen wie z.B. Stundennachweise der Handwerker und die täglich durchgeführten Arbeiten festgehalten, allerdings immer nur von den jeweiligen Unternehmen intern. Sie können später zur Ermittlung der Kosten herangezogen werden, sind aber kein Äquivalent für das umfassendere Bautagebuch.

Wie muss ein Bautagebuch geführt werden?

Während es definitiv verpflichtend ist, ein Bautagebuch anzulegen und zu pflegen, so ist über die Form nichts genaues festgeschrieben. Darum gibt es sowohl die Option, es schriftlich, also in Papierform, zu führen, als auch digital durch spezielle Apps bzw. Softwares. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

Das schriftliche Format

Dies ist sozusagen die “Old School” Variante, wie sie schon seit viele Jahren praktiziert wird. Sie ist häufig die kostengünstigere Lösung, denn hierfür gibt es inzwischen auch online schon PDFs als Vorlagen, die einfach nur einmal heruntergeladen werden müssen und dann immer wieder ausgedruckt werden können.

Diese Musterbögen sind so vorgefertigt, dass die verpflichtenden Angaben wie bei einem Protokoll abgefragt werden und so nichts vergessen wird. Allerdings bedeutet das auch im Umkehrschluss, dass sie jeden Tag aufs Neue wieder ausgefüllt werden müssen. Das hat einen enormen Aufwand zur Folge.

Zudem steht eine Dokumentation in Papierform u.U. nicht jedem gleichermaßen zur Verfügung, der aber gerade vielleicht akut Zugriff darauf benötigt. Weitere Ergänzungen (Baupläne, Fotos, usw.) laufen außerdem schnell Gefahr, vergessen zu werden oder geraten schlichtweg durcheinander. Schließlich wird die Dokumentation je nach Dauer des Bauvorhabens mit der Zeit auch immer schwerer und umfangreicher, denn Papier braucht Platz.

Die digitale Lösung

Aus besagten Gründen wird inzwischen immer häufiger ein digitales Bautagebuch angelegt und geführt. Dafür gibt es unterdessen verschiedene Programme und Softwares auf dem Markt. Diese Form bringt einige Vorteile mit sich. So ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich übersichtlicher, als die Papierversion.

Weiterhin ist sie flexibler. Es können mehrere Personen Zugriff auf zentrale Listen und Dateien haben. Fotos und andere Dokumente lassen sich gezielt bestimmten Tagen zuordnen. Zudem gestaltet sich der Aufwand auch viel geringer, indem beispielsweise sich immer wieder wiederholende Inhalte automatisiert hinzugefügt werden können, anstatt sie jeden Tag erneut von Hand einzuschreiben.

Ein weiterer Vorteil ist die Mobilität. Durch Tablets und Smartphones kann das Bautagebuch stets und überall auf der Baustelle geführt werden, denn diese Geräte haben die Meisten immer zur Hand. Viele verfügen zusätzlich über eine Diktierfunktion, wodurch nicht mehr umständlich alles durch die Tastatur eingegeben werden muss. Eine spätere Nachpflege im Büro ist kein Problem. Im Übrigen ziehen sich manche Apps auch selbstständige Informationen wie z.B. das aktuelle Wetter und ergänzen diese dann in den Dateien. Dies alles führt dazu, dass der Aufwand deutlich verringert wird.

Welche Angaben gehören ins Bautagebuch?

Einige inhaltliche Punkte haben wir bereits erwähnt, so zum Beispiel Angaben zum Baufortschritt oder auch dem Wetter. Doch das sind noch längst nicht alle Informationen, die es zu dokumentieren gilt. Anbei haben wir eine Übersicht für Sie:

  • Allgemeines. Dazu zählt das jeweilige Datum und um welches Objekt es sich handelt (zum Beispiel “Einfamilienhaus Familie Schulze”).
  • Wetter. Das umfasst höchste und niedrigste Temperaturen, Bewölkungsgrad und Niederschlag, da dies alles Auswirkungen auf den Baufortschritt haben kann.
  • Personen auf der Baustelle. Damit sind Folgende gemeint:
    • anwesende Ingenieure, Bauleiter, andere Beteiligte (Bauherr, Bauprüfer etc.)
    • anwesende Gewerke (Tischler, Maurer, Sanitär…) und deren Tagewerke
    • Anzahl der Handwerker einer Firma und ggf. die Arbeitszeiten bzw. Stundenzahl
  • Aktueller Bautenstand.
  • Material und Geräte. Das bedeutet en Detail:
    • eingesetzte Baugeräte/-maschinen, ggf. mit Einsatzzeiten und Stillstandzeiten bzw. Störungen
    • verwendete Baustoffe (z.B. Beton, Farben, Grundierungen), ggf. mit Mengenangaben und Einbaubedingungen
  • Störungen und Abweichungen. Angaben und Gründe für eine Veränderung des geplanten Bauablaufs, das umfasst:
    • Verzüge, die durch einen Abgleich des Bauzeitenplans mit dem tatsächlichen Leistungsstand (Soll-Ist-Vergleich) ermittelt werden,
    • Mängel und Bauschäden (zu dokumentieren durch Text, Fotos, Skizzen),
    • Behinderungen, durch die der geplante Ablauf verzögert werden könnte (z. B. Hindernisse im Baugrund)
    • Anmeldung von Bedenken gegen die vorgegebene Bauausführung,
    • festgestellte Fehler bei der Bauausführung.
  • Baumaßnahmen, die die Anwesenheit des Bauleiters vor Ort erfordern. So zum Beispiel Betonarbeiten oder Tragwerkseingriffe.
  • Weisungen und Unterlassungsaufforderungen. Diese können z.B. an Bauunternehmer und Handwerker erteilt worden sein.
  • Zusatzaufträge. Alles, das an diesem Tag neu vereinbart wurde (als ein Nachtrag ist), muss dokumentiert werden.
  • Durchgeführte Prüfungen oder Messungen (zum Beispiel von Frischbeton).
  • Dokumentation von Kabel- oder Rohrleitungsinstallationen. Für spätere bessere Nachverfolgung, bevor diese verputzt oder verfüllt werden, in Form von Fotos oder Skizzen.
  • Pläne, die auf der Baustelle übergeben wurden, ggf. mit Index.
  • Einbau- und Betriebsanleitungen von verbauten Produkten. Dazu gehören zum Beispiel Lüfter, Türen usw. Sie kommen als Anlage zum Baubericht.
  • (Teil-)Abnahmen von Bauleistungen.
  • Besondere Vorfälle. Gab es Unfälle, Schäden, Beschwerden von Nachbarn usw.?
  • Generelle Fotodokumentation des Bautenstands. Dazu gehören z.B. sichtbare Mängel, festgestellte Behinderungen, die Baustoffe (Stichwort Qualitätskontrolle) sowie wichtiger Baumaßnahmen und der damit verbundenen Arbeitsprozesse.

Nicht alle Punkte fallen jeden Tag an. Aber einige sind doch täglich wiederkehrend (zum Beispiel das Wetter, die anwesenden Personen sowie der Bautenstand). Dennoch empfiehlt sich stets die möglichst akribische Dokumentation. Denn nur mit einem sauber geführten Bautagebuch ist man auch aus juristischer Sicht bei eventuellen Problemen gut gewappnet.

Quellen
www.wikipedia.org/wiki/Bautagebuch
www.bauen.de/a/bautagebuch-wichtige-pflichtaufgabe-statt-romantischer-kuer.html
www.bauprofessor.de/Bautagebuch/…/
www.haus-sanierung-info.com/bautagebuch-die-wichtigsten-informationen-und-pflichten/
www.senstadtfms.stadt-berlin.de/…/index