Immobilienbewertung in Tschechien – Wann ist das interessant und welche Besonderheiten müssen beachtet werden?
Auch in unseren Nachbarländern z.B in Tschechien können ganz unterschiedliche Gründe eine Imobilienbewertung erforderlich machen. Das kann ein geplanter Erwerb oder Verkauf, eine Erbauseinandersetzung oder wie in diesem Beispiel eine Ehescheidung sein.
Im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens wurde ein Gutachten, anhängig an einem bayerischen Amtsgericht, erstellt. Die Beantwortung der Beweisfrage stellte eine Herausforderung für den Sachverständigen dar, da das Bewertungsobjekt in Tschechien gelegen ist. Im Zug der der Beweisführung wurde das Gutachten in enger Zusammenarbeit mit einem tschechischen Kollegen ausgearbeitet.
Frage des Gerichts
Gemäß Beschluss des Gerichts sollte dabei der Beweis erhoben werden über die Behauptung des Antraggegners, der Verkehrswert des Anwesens in Tschechien habe bei Zustellung des Scheidungsantrags 200.000 € betragen und der Verkehrswert von zwei unbebauten Grundstücken (in Tschechien) insgesamt 42.751,40 € sowie zu den Behauptungen der Antragstellerseite, der Verkehrswert habe bei Zustellung des Scheidungsantrags für das Anwesen 91.600 € und für die unbebauten Grundstücke insgesamt 535 € betragen. Ausdrücklich wurde dem Sachverständigen nachgelassen, bei der Erstellung des Gutachtens einen Sachverständigen aus der tschechischen Republik heranzuziehen.
Zur Vorgehensweise
Die Bewertungsgrundstücke sind sämtlich in der Tschechischen Republik gelegen. In Tschechien können bei der Grundstücksbewertung nicht 1 : 1 die normierten Bewertungsmodelle der für Deutschland geltenden Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angewendet werden, da die hierfür notwendigen Voraussetzungen bzw. Bewertungsinstrumente (zentrale Gutachterausschüsse, flächendeckende Bodenrichtwerte, wertermittlungsrelevante Daten, etc.) nicht oder nicht in der benötigten Form vorhanden sind bzw. zur Verfügung stehen.
Um eine marktgerechte Bewertung durchführen zu können, wurde daher auf die europäischen Bewertungsstandards (EVS 2016 – European Valuation Standards 2016, Eight Edition) zurückgegriffen, die gleichermaßen in Tschechien wie auch Deutschland als europäischer Bewertungsstandard anerkannt sind und als Basis für die Bewertung innerhalb Europas eine hohe Akzeptanz besitzen. Mit der Anwendung dieser Standards war und ist es möglich, den Marktwert (Verkehrswert) der Bewertungsgrundstücke marktkonform zu ermitteln.
Da der vom Gericht beauftragte öffentliche bestellte und vereidigte Sachverständige Hiller-Schleehuber überwiegend nicht in Tschechien tätig ist und auch nicht die Landessprache spricht, wurde mit ausdrücklicher Genehmigung des beauftragenden Gerichts für die Bewertung ein tschechischer Sachverständiger hinzugezogen. Bei diesem tschechischen Kollegen handelt es sich um den geprüften Sachverständigen Ing. Zdenek Tomicek, Udolni 422/20 aus 46014 Liberec, der auch die Gutachter-Kammer in der Region leitet. Herr Tomicek wurde vollständig in den Bewertungsprozess eingebunden und war verantwortlich für die Datenerhebung, Recherche und (vorläufige) Wertermittlung. Durch den Sachverständigen Hiller-Schleehuber wurden die durch den tschechischen Kollegen durchgeführten Recherchen und Bewertungen unter zu Hilfenahme einer Übersetzerin plausibilisiert und in die deutsche Gutachtenform überführt.
Wie im Vorabschnitt erläutert, wurde die Wertermittlung nach den europäischen Bewertungsstandards durchgeführt. Da sämtliche für die Bewertung recherchierten und verwendeten Vergleichsfälle (tatsächliche Verkäufe von bebauten und unbebauten Grundstücke) ebenfalls in der tschechischen Republik liegen und in der tschechischen Landeswährung Kronen (Kč) valutieren, wurde die Bewertung im Schritt auch in dieser Währung durchgeführt und erst zum Schluss mit dem durch die EZB am Wertermittlungsstichtag veröffentlichten offiziellen Umtauschkurs umgerechnet.
Fazit
Es ist durchaus nicht unüblich, dass deutsche Staatsbürger Immobilien im Ausland erwerben und diese, z.B. bei einer Vermögensauseinandersetzung, bewertet werden müssen. In der Bewertungsregion des Sachverständigen, dem Dreiländereck mit den Grenzen zu Polen und Tschechien, ist eine Zunahme der länderübergreifenden Immobilienerwerbe, sowohl von, aber auch nach Deutschland, zu verzeichnen. Der Bewertungssachverständige wird dabei vor die Aufgabe gestellt, kompetente Kaufunterstützung und/oder belastbare Werteinschätzungen anzubieten bzw. entsprechende Dienstleistungen zu vermitteln. Zumindest in Tschechien kann dieser Dienstleistungsnachfrage durch das Sachverständigenbüro Hiller-Schleehuber jetzt Rechnung getragen werden, da durch die Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen Ing. Zdenek Tomicek aus Liberec sowohl verlässliche Marktwertermittlungen wie auch Kauf- und Verkaufsberatungen angeboten werden können.
Foto: Knut Hiller-Schleehuber