Bringen Lüftungsanlagen ein besseres Raumklima?

Vor einem blauen Himmel mit weißen Wölkchen ist ein laufender Ventilator zu sehen, an den Bänder gebunden sind, die im Wind wehen.Foto: © Bru-nO, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pixabay.com

Mit dem Ziel, dass Wohnräume immer besser gedämmt werden, schleicht sich peu à peu ein Nachteil ein: der verminderte Luftwechsel zwischen Innen und Außen. Dieser kann z.B. zu Schimmelbildung und einem schlechten Raumklima führen. Lüftungsanlagen versprechen hier Abhilfe – aber können sie das halten? Was gilt es dabei zu beachten? Wir gehen den Vor- und Nachteilen einer solchen Installation nach. Lesen Sie hier mehr!

Was ist eine Lüftungsanlage?

Eine Lüftungsanlage ist ein Gerät, welches dafür sorgt, dass eine kontrollierte Wohnraumlüftung ohne weiteres Zutun durch die Bewohner erfolgt. Das bedeutet also, man muss nicht mehr händisch Fenster öffnen und schließen, um verbrauchte Luft durch frische Außenluft im Haus auszutauschen. Tatsächlich müsste dies nämlich eigentlich alle zwei Stunden für 5-15 Minuten erfolgen. Doch das ist im normalen Alltag nicht zu bewältigen. Und das Fenster dauerhaft offen zu halten ist auch keine sinnvolle Idee. Daher bleibt im Normalfall das Raumklima deutlich schlechter, als es sein könnte.

Grund dafür ist die immer besser werdende Dämmung unserer Häuser. Was energetisch gesehen eine tolle Sache ist, bringt leider auch den Nachteil mit sich, dass der zuvor natürliche Luftwechsel nicht mehr erfolgt. Spalten, Ritzen usw. sind kein Weg mehr, um frische Luft einströmen zu lassen. Dadurch wird die Qualität der Raumluft beständig schlechter und es bleibt auch mehr Feuchtigkeit im Raum. Lüftungsanlagen sorgen in sonst sehr gut abgeschlossenen Räumen darum für den dringend nötigen Luftaustausch und verhindern dadurch verschiedene negative Konsequenzen.

Solche Geräte können entweder dezentral als Einzelraumlüftungen oder als zentrale Anlagen installiert werden. Ein solcher Einbau bringt so manchen Vorteil mit sich, dennoch denken die Wenigsten bei ihrer Bauplanung daran. Meist wird es, wenn überhaupt, nur bei einem Neubau berücksichtigt. Aber auch in Sanierungen lässt sich eine solche Lösung integrieren.

Funktion einer zentralen Lüftungsanlage

Bevor wir später die Vor- und Nachteile besprechen, wollen wir einmal kurz die Funktionsweise einer solchen Einrichtung am Beispiel der zentralen Anlage erklären. Hierbei gibt es ein zentrales Gerät sowie mehrere, durch das Haus verlaufende Kanäle, um die Luft zu transportieren. Doch die wichtigen Prozesse finden in der Zentrale statt. Diese verfügt meist über vier Luftanschlüsse, einem Zuluft- sowie einem Abluftventilator, einem Wärmetauscher und verschiedenen Temperatursensoren.

Die Arbeit der Anlage sieht dann in etwa wie folgt aus:

  1. Die Außenluft wird im Freien angesaugt und durch Kanäle in den Außenluftanschluss geführt.
  2. Dahinter befindet sich ein Filter (Grob- oder Feinstaub), durch den die Luft strömen muss.
  3. Die kühle Außenluft durchläuft nun den Wärmetauscher und wird dabei angewärmt.
  4. Sie ist nun als Zuluft bezeichnet und kommt zum Zuluftventilator, welcher sie durch den Zuluftauslass ins Gebäude bläst.
  5. Gleichzeitig wird die warme Abluft aus dem Gebäude durch den Abluftanschluss abgesaugt.
  6. Auch hier reinigt ein weiterer Filter die Abluft und bewahrt das Gerät so vor Verschmutzung.
  7. Die Abluft wird durch den Abluftventilator auf den Wärmetauscher geführt.
  8. Die Luft passiert in entgegengesetzter Richtung den Wärmetauscher, während die Wärmerückgewinnung geschieht.
  9. Dabei gibt die warme Abluft ihre Wärme durch eine dünne Metallwand an die kühle Außenluft ab.
  10. Die nun abgekühlte Fortluft wird durch den vierten Anschluss nach außen abgegeben.

Bei der Wärmerückgewinnung kann unter Umständen Feuchtigkeit kondensieren. Diese wird häufig im Gerät aufgefangen und dann kann entweder der Kanalisation zugeführt werden oder noch für andere Zwecke als Grauwasser genutzt werden.

Ein großes Rohr zur Entlüftung prangt auf einem Dach.

Foto: © stux, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pixabay.com

Vor- und Nachteile einer kontrollierten Wohnraumlüftung

Während die einen ausschließlich Positives in der Installation einer Lüftungsanlage sehen, vermuten andere die völlige Abhängigkeit von der Technik. Fakt ist, dass eine solche Lösung immer zwei Seiten hat. Wir wollen aber genauer hinschauen und auch die Verhältnismäßigkeit prüfen. Denn mancher Nachteil kann zugunsten vieler Vorteile vielleicht in Kauf genommen werden. Oder er ist sogar nur ein Mythos.

Besseres Raumklima oder zu trockene Luft?

Mit diesem Punkt wird stets zuerst argumentiert: Eine Lüftungsanlage verhindert, dass sich Feuchtigkeit im Raum staut und dadurch die Luft stickig wird. Auch einer Schimmelbildung soll vorgebeugt werden. Zudem wird eine zu hohe Konzentration von CO2 im Raum verhindert, wenn die Abluft regelmäßig ausgetauscht wird.

Allerdings kann aus einer abgeführten Feuchtigkeit auch schnell zu trockene Luft werden. Diese kann sich wiederum negativ auf das Raumklima und die Gesundheit auswirken. Gerade im Winter wird dieses Argument häufig angeführt. Doch tatsächlich hat auch die normale Außenluft den gleichen Effekt, denn kalte Luft speichert generell weniger Feuchtigkeit, die sie dann an die Umgebung bei Erwärmung abgibt. Hier ist also nicht die Anlage Schuld.

Eine Lösung ist in diesem Fall zum Beispiel eine Lüftungsanlage mit Feuchterückgewinnung. Hierbei wird aus der Abluft nicht nur Wärme, sondern auch Feuchtigkeit abgeleitet, die dann wieder dem Raumklima zugeführt wird. Man kann auch einen zusätzlichen Luftbefeuchter installieren. Das tun viele Menschen bereits unabhängig von Lüftungsanlagen.

Saubere Luft oder Keimschleuder?

Man öffnet das Fenster und erwartet frische, angenehme Luft. Tatsächlich ist diese aber häufig belastet mit Feinstaub oder – gerade für Allergiker ungünstig – Pollen. Da überlegt man sich doch eher mal, ob das Fenster überhaupt geöffnet werden soll. Durch die in einer Lüftungsanlage verbauten Filter werden aber all diese Staub- und Schmutzpartikel abgefangen. Gleichzeitig führt die Abluft auch Schadstoffe aus dem Inneren (z.B. Ausdünstungen von Böden und Farben, Reinigungsmitteln oder neuen Möbeln) nach außen ab.

Allerdings kann dies nur solange funktionieren, wie die Filter auch tauglich sind. Wenn diese völlig verschmutzt sind, kann sich der Effekt tatsächlich umkehren und die Luft wird nicht besser, sondern es verteilen sich über sie die Keime erst recht im Inneren. Hier ist also wichtig, dass regelmäßig die Filter und Anlagen kontrolliert und gereinigt bzw. bei Bedarf auch ausgetauscht werden.

Das Gute ist, dass eine solche Aufgabe sehr gut von den Bewohnern selbst durchgeführt werden kann. Je nach Umgebung sollte etwa alle sechs Monate der Filter ausgetauscht werden. Auch eine Reinigung sollte in diesem Rhythmus erfolgen. Hier kann man den Wärmeaustauscher abspülen und das Innere von Staub befreien. Moderne Anlagen sind ansonsten sehr wartungsarm. Sie sollten dennoch alle zwei bis fünf Jahre eine professionelle Inspektion erfahren.

Laut und teuer?

Wenn die ganze Zeit Ventilatoren laufen, ist das doch bestimmt besonders laut, so könnte man jetzt annehmen. Doch tatsächlich sind – zumindest in Qualitätsprodukten – extra leise Komponenten eingebaut. Zudem sind viele Systeme auch schallentkoppelt, sodass keine Geräuschübertragung stattfinden sollte. Im Übrigen könnte man auch sagen, dass eine Lüftungsanlage sogar dem Lärmschutz zugute kommt. Gerade wenn man an sehr stark befahrenen Straßen wohnt, nehmen geschlossene Fenster viele Geräusche weg. Man muss sich also nicht mehr zwischen frischer Luft oder Ruhe entscheiden.

Aber bezahlt man das nicht sehr teuer? Immerhin verbraucht eine solche Anlage doch Strom und verursacht so Mehrkosten! Das stimmt allerdings nur bedingt. Es stimmt zwar – gerade die Erstanschaffung ist keine geringfügige Investition und braucht ein gewisses Startkapital sowie zum Teil aufwendige Planung. Und im Betrieb fallen auch Kosten für Strom sowie alle paar Jahre für eine Inspektion an.

Aber gerade die Betriebskosten sind in der Regel nicht übermäßig hoch. Zudem – und das ist ein wahrer Vorteil – kann die Lüftungsanlage an anderer Stelle wiederum helfen, Kosten zu sparen. Durch die Wärmerückgewinnung entsteht nämlich eine besondere Energieeffizienz. Die Geräte können teilweise bis zu 95% der Wärme aus der Abluft abführen und den Räumen wieder zukommen lassen. Dadurch muss die Heizung längst nicht so hoch aufgedreht werden und es spart Geld und Ressourcen.

Ein sich drehender Deckenventilator ist zu sehen.

Foto: © stux, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pixabay.com

Völlige Ausgeliefertheit oder angenehmer Komfort?

Weiß denn so eine Anlage überhaupt, wie ich meine Frischluft mag? Und vielleicht zieht es dann ja kontinuierlich überall in der Wohnung! Außerdem kann ich dann ja nie wieder ein Fenster öffnen. All diese Aussagen sprechen von verständlichen Sorgen – die wir Ihnen aber gern nehmen wollen. Denn tatsächlich ist eine Lüftungsanlage keine Herrscherin über Ihre Luft, sondern ein praktisches Helferlein.

Vor einer ständigen Kaltluftströmung müssen Sie beispielsweise keine Angst haben. Der Luftaustausch erfolgt zwar kontinuierlich, aber in einem so geringen Maße, dass es nicht weiter spürbar ist. Während also bei geöffnetem Fenster durchaus die Luftströmung zu merken ist, ja zum Teil auch unangenehm mal Staub aufwirbelt, braucht man hier so etwas nicht zu befürchten. Dafür ist die Luftgeschwindigkeit bei weitem zu gering.

Viele Anlagen haben im Übrigen die Option, dass man aus verschiedenen Einstellungen wählen kann. So können Sie eine Lüftung ganz konkret an Ihre individuellen Anforderungen anpassen. Es gibt beispielsweise Nachtlüftungen oder Normallüftungen. Wenn Sie mal viele Gäste haben, kann auch eine intensivere Stufe gewählt werden. Und im Zweifelsfalle dürfen Sie Ihre Fenster natürlich jederzeit auch öffnen. Das bereitet der Lüftungsanlage keine Probleme.

Lüftungsanlagen – kluge Helfer oder technische Spielerei?

In der Mitte des 20. Jahrhunderts war die Verbreitung von Zentralheizungen ein absolute Neuheit und gleichzeitig umstritten. Kohle- bzw. Ölöfen waren doch viel günstiger! Heutzutage ist eine solche Einrichtung Standard, ein Haus ohne ist fast nicht mehr vorstellbar. Ob in 50 Jahren das gleiche über eine Lüftungsanlage gesagt werden kann, weiß man heutzutage natürlich nicht.

Dennoch hat eine solche Installation ihre Daseinsberechtigung und geht gezielt auf die neuen Anforderungen an Energieeffizienz und gleichzeitig Wohnkomfort ein. Eine Nachrüstung in Altbauten ist genauso möglich. Hier empfiehlt sich aber eher eine dezentrale Anlage. Das zentrale Pendant hingegen eignet sich deutlich besser für einen Neubau und sollte hier auch während der Planung berücksichtigt werden. Denn eine Lüftungsanlage ist schon jetzt mehr, als nur eine nette Spielerei.

Quellen
www.mein-eigenheim.de/…/experteninterview-lohnt-sich-eine-lueftungsanlage-fuer-mein-haus.html
www.haustec.de/…/warum-die-wohnraumlueftung-bei-der-planung-oft-unter-den-tisch?page=all
www.heizung.de/…/wohnraumlueftung-nachteile-und-probleme/
www.energie-fachberater.de/…/acht-irrtuemer-ueber-kontrollierte-wohnraumlueftung.php
www.youtube.com/watch?v=gF57J1Qkms4
www.selbst.de/lueftungsanlage-reinigen-43345.html