Sonderwunschmanagement: Kein Bauen nach Schema F!

Auf einigen Bauplänen steht ein kleines Haus, drumherum liegen ein Zollstock, ein Bleistift und eine Zange.Foto: © annca, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pixabay.com

Ein Haus bauen – das war früher doch wunderbar einfach: Ein paar Wände, ein Dach, Türen und Fenster, fertig. Heutzutage aber wird das Bauen immer anspruchsvoller in der Umsetzung. Das liegt zum Teil an den Gesetzen, zum Teil aber auch an den Vorstellungen der neuen Eigentümer. Um dies alles unter einen Hut zu bringen, braucht es ein gutes Sonderwunschmanagement beim Bau.

Warum ist Bauen so schwierig geworden?

Ob nun das Eigenheim für die Privatperson oder aber das Großprojekt in Form eines Hochhauses – Bauen ist als Prozess immer komplexer und vielseitiger geworden. Grund dafür sind die sich ständig ändernden Umstände, von denen wir die wichtigstens im Folgenden kurz anreißen wollen.

Gesellschaftliche Änderungen

In den letzten 50 Jahren hat sich in der Gesellschaft ein Wandel vollzogen, den es so in der Art bis dato noch nicht gegeben hat. Die traditionelle Familienform ist längst nicht mehr der Standard. Heutzutage gibt es viel variablere Konstrukte und deutlich zahlreichere. So kristallisiert sich beispielsweise ein deutlich höherer Bedarf an Single-Wohnungen heraus. Entsprechend müssen Wohnräume auch auf diese neuen, vielseitigeren Ansprüche angepasst werden.

Änderungen der Rechtslage

Auch das Baurecht ist heutzutage viel komplexer. Energetische und technische Anforderungen sind vom Gesetzgeber in den letzten Jahren deutlich nach oben gesetzt worden. Diese Maßnahmen sollen zum einen dem Umweltschutz dienen, aber auch zum anderen langfristig dem Geldbeutel der Bewohner zugute kommen. Doch es bedarf eingehender Planung, um diesen neuen Herausforderungen sicher begegnen zu können.

Bauen für Privatpersonen

Schließlich ist Bauen auch eine Frage des individuellen Geschmacks. Im kleinen Rahmen gab es das schon öfter. Man denke zum Beispiel an vor ca. 10 Jahren, als die offenen Küchen super modern wurden und alle Häuslebauer sich eine solche gewünscht haben.

Auch heute gibt es ähnliche Trends, die aber zum Teil viel tiefgehender in das Bauen eingreifen. Denn bei einer Wohnung im Loft-Style ist es nicht mit nur einem Wanddurchbruch erledigt. Und auch die Smart Home Bewegung bedarf eines umfassenden Know-Hows. Je teurer die Immobilie, desto detaillierter sind übrigens meist die Sonderwünsche.

Ein Bauplan ist zu sehen, auf dem ein gelber Bleistift liegt.

Foto: © PIX1861, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pixabay.com

Geschosswohnungsbau

Ebenfalls ein Aspekt, der das Bauen zusätzlich komplexer gestaltet hat. Denn in diesen Fällen gibt es meist eine tragenden Gebäudehülle, eine gemeinsame Fassade, hinter der sich aber zig unterschiedliche Wohnungen verbergen. Dabei liegt der Unterschied aber nicht in der Größe, sondern eher bei individuellen Grundrisse und unterschiedlichen Ausstattungen.

Das ist wahrscheinlich die Königsklasse der Sonderwünsche: Auf dem gleichen Raum ganz individuelle Wohnkonzepte verwirklichen. Besonders schwierig dabei: Meist bekommt ein einziges Gewerk die Verantwortung für die Umsetzung im gesamten Gebäude. Es muss darum sehr genau wissen, welche Wohnung in welcher Form bearbeitet werden muss.

Sonderwunschmanagement – ein essentieller Bestandteil des Bauprozess

Es gibt also ein buntes Potpourri an Wünschen, welche Bauherren oder Bauträger einfließen lassen wollen bzw. sollen. Aber ist das überhaupt umsetzbar? Und dann auch wirklich in der Form, wie man es sich vorstellt? Ist das Ganze auch in der ursprünglichen Frist zu schaffen? Und wenn ja – wie teuer wird das alles dann? Diesen und vielen weiteren Fragen widmet man sich im modernen Bauprozess durch das sogenannte Sonderwunschmanagement. Um dieses durchzuführen, gibt es verschiedene Ansätze.

Der Sonderwunsch-Manager

Im Prinzip bildet diese Person ein wichtiges Bindeglied zwischen allen Beteiligten beim Bauprozess. Das bedeutet, sowohl die Kunden (aka. Bauherrn oder Bauträger), als auch die Projekt- und Bauleiter, Unternehmen, Hersteller usw. wenden sich an ihn. Der Sonderwunsch-Manager muss dabei ein wahres Kommunikationstalent sein und stets den Überblick bewahren. Er begleitet die Parteien durch den gesamten Bauprozess, das heißt, bei der Planung, der Durchführung und auch der Abnahme ist er mit dabei. Im Detail bedeutet das Folgendes:

  1. Die Vertragsgrundlage. Damit überhaupt Sonderwünsche geplant und umgesetzt werden können, rät man dazu, dass schon in den Kauf- und Mietverträgen oder ähnlichem festgehalten wird, in welchen Bereichen welche Optionen zur Auswahl stehen, welche Zusatzleistungen möglich sind und wie die Preise dafür aussehen. Zudem sollten unbedingt für alle Schritte verbindliche Fristen und Termine festgehalten werden.
  2. Die Kommunikation. Der Kunde hat eine Idee, schreibt eine E-Mail. Zwei Tage später fällt ihm während eines Telefonats noch etwas ein. Und im Nachgang dazu überlegt er es sich doch noch einmal anders und schickt deswegen eine kurze SMS. All diese Kanäle im Auge zu behalten, ist eine echt Herausforderung. Doch es ist die zentrale Aufgabe eines Sonderwunsch-Managers. Alle Informationen bzgl. der Wünsche und Anfragen laufen bei ihm zusammen, er kommuniziert sie an die zuständigen Gewerke und Stellen und leitet die Antworten wiederum an den Kunden zurück.
  3. Die Bemusterung. Ist einmal geklärt, in welchen Bereichen ein Sonderwunsch umgesetzt werden kann, muss das Wie entschieden werden. Dafür gibt es die sogenannte Bemusterung, bei der dem Kunden seine Optionen vorgestellt werden. Das bedeutet zum Beispiel, er kann aus einem Angebot an Bodenbelägen seinen Liebling aussuchen. Oder er kann angeben, wo er denn nun die 4 zusätzlichen Steckdosen im Wohnzimmer gerne hätte.
  4. Die Abwicklung. Sind alle Entscheidungen getroffen und die Kosten besprochen, müssen alle Beteiligten informiert werden. Es gilt auch zu prüfen, ob Genehmigungen nötig sind. Erst dann geht es an die eigentliche Umsetzung der Sonderwünsche. Hierbei ist der Manager u.a. auch ein Fristenwahrer. Naht z.B. ein Termin für die Fertigstellung eines bestimmten Punktes, erinnert er alle Verantwortlichen daran. Auch die Dokumentation der Fortschritte gehört dazu. Und immer wieder ist es auch die Kommunikation mit dem Kunden. Können Materialien rechtzeitig geliefert werden? Können Fristen eingehalten werden?
  5. Die Abnahme. Der Sonderwunsch-Manager hat auch nach Fertigstellung der einzelnen Individualisierungen noch nicht Feierabend. Er steht den Kunden auch immer noch zur Seite, wenn es an die Abnahme geht. Treten hier beispielsweise Mängel in Erscheinung, obliegt es erneut ihm, alles in die Wege zu leiten, damit diese schnell behoben werden.

Was der Sonderwunsch-Manager nicht tut

Aus Kundensicht klingt das bisher alles sehr attraktiv? Da ist ein Mensch, der alles in die Wege leitet, um die persönlichen Wünsche zu realisieren. Doch der Sonderwunsch-Manager ist nicht nur das Sprachrohr des Bauherrn. Er prüft stets die Umsetzbarkeit der Ideen. Denn diese kollidieren allzu häufig mit den baulichen Gegebenheiten, den gesetzlichen Vorgaben oder den preislichen Möglichkeiten. Damit die Bauzeit eingehalten werden kann, ist es durchaus auch seine Aufgabe, einen Vorschlag einmal abzulehnen.

Er ist zudem auch nicht der richtige Ansprechpartner für allgemeine Probleme auf dem Bau. Dafür gibt es verschiedene andere Personen, wie z.B. den Architekten, den Bauleiter oder auch den SiGeKo. Sein Aufgabenbereich fokussiert sich tatsächlich auf die Besonderheiten und Individualisierungen des Projekts. Und davon gibt es mehr als genug. Im Schnitt ist eine solche nämlich in 90% aller Immobilien erwünscht.

Sind Sonderwunsch-Manager noch zeitgemäß?

Das bis hierhin beschriebene Prozedere klingt sehr aufwendig? Da haben Sie Recht. Tatsache ist, dass das Sonderwunschmanagement in dieser Form heutzutage immer seltener praktiziert wird. Vor allem ist die Anwendung auf den privaten Raum äußerst selten geworden. Am häufigsten begegnet uns diese Form der Organisation bei dem bereits erwähnten Geschosswohnungsbau. Doch diese Projekte sind so umfangreich, dass ein einzelner Mensch diese Anforderungen längst nicht mehr leisten kann. Darum liegt die Zukunft des Sonderwunschmanagements auch im digitalen Bereich.

Auf einem Holztisch stehen ein Laptop, eine Kaffeetasse, ein Grafiktablet und eine kleine grüne Pflanze

Foto: © TeeFarm, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: pixabay.com

Schneller, effektiver, digitaler: Sonderwunschmanagement 2.0

Wir versetzen uns noch einmal in unsere Beispielsituation des Geschosswohnungsbaus: Hier muss der Bauträger also die von allen Seiten einfließenden Wünsche irgendwie bündeln, kontrollieren und zur Umsetzung freigeben. Das bedeutet, dass unter Umständen jede Wohneinheit im Inneren etwas anders aussehen könnte. Diese Details gilt es zu visualisieren, genau zu dokumentieren, die dafür nötigen Mengen und Qualitäten zu erfassen und zu ermitteln, welche Kosten das zusätzlich aufrufen wird. Mit diesen Daten müssen dann Bestätigungen von Verantwortlichen eingeholt und schließlich alles in die Wege geleitet werden. Eine wahnsinnige Aufgabe, für die es aber zum Glück heutzutage moderne Unterstützung gibt.

Einige innovative Anbieter am Markt haben spezielle Sonderwunschmanagement-Softwaren entwickelt, die sich exakt dieser komplexen Thematik annehmen. Diese Tools sind so konzipiert, dass die Projekte, alle Informationen, Daten usw. umfassend und an einem Ort gebündelt zusammengetragen werden und für alle Beteiligten griffbereit sind. Die wichtigsten Funktionen sind dabei:

  • Online-Bemusterung. Alle zur Verfügung stehenden Materialien können vorab gesichtet und so ganz bequem und einfach eine Auswahl getroffen werden.
  • Konfiguratoren. Sollen Änderungen im Grundriss vorgenommen werden? Wird eine andere Ausstattung gewünscht? Soll der Elektroplan noch einmal angepasst werden? Für diese und viele weitere Bereiche gibt es online Konfiguratoren.
  • Kostenübersicht und Auftragsabwicklung. Alle Sonderwünsche verursachen natürlich mehr Kosten und Aufwand. Die meisten Softwaren decken aber auch diesen Bereich ab. Die Leistungen werden übersichtlich den Gewerken zugeordnet und dienen den Handwerkern als Abrechnungsgrundlage.
  • Fristenwahrung. Müssen bestimmte Arbeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein, damit andere Gewerke nicht in Verzug kommen? Auch diese Aspekte berücksichtigen Sonderwunschmanagement-Softwaren.
  • Dokumentenpool. Im Laufe des Bauprozesses fallen immer wieder wichtige Unterlagen, Dokumente, Verträge usw. an. Diese werden durch diese Art der Software für alle zugänglich gemacht.
  • Kommunikation. Eine umfassende und ebenfalls für alle Beteiligten einsehbare und nachverfolgbare Dokumentation der verschiedenen Absprachen und Beschlüsse zwischen allen Parteien wird hier ebenfalls zur Verfügung gestellt.
  • Übergabe und Mängelmanagement. Wichtige Informationen bei der Wohnungsübergabe (z.B. Zählerstände) können direkt online hinterlegt werden. Gleiches gilt für evtl. festgestellte Mängel. Die Verantwortlichen können darauf umgehend reagieren.

Fazit: Sonderwünsche – umsetzbar, mit der richtigen Hilfe

Sonderwünsche sind nicht zwangsläufig der Super-GAU auf dem Bau, wenn die richtige Organisation dahinter steht. Heutzutage spielt längst nicht mehr der Sonderwunsch-Manager dabei die zentrale Rolle als Person. Inzwischen wird ein Großteil dieser komplexen Aufgabe von professioneller Software übernommen. Dadurch bleibt der gesamte Prozess übersichtlich und auch für alle Beteiligten transparent. Ob Bauherr oder Bauträger – eine solche Hilfe sollte man sich im 21. Jahrhundert definitiv an Bord holen.

Quellen
www.parbuilding.de/…/standards-sonderw%C3%BCnsche-individualisierung/
www.pmzwei.com/…/sonderwunschmanagement
www.sonderwunsch-meister.com/sonderwunsch-manager-welche-aufgaben-haben-sie/
www.witte-projektmanagement.de/…/WP_Magazin_2015_2016-web.pdf